Wer an neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose (MS), Schlaganfall, Zerebralparese oder Rückenmarkverletzungen leidet, erlebt oft auch Muskelsteifigkeit, Spastik, Schmerzen und reduzierte Mobilität. In vielen Fällen führt die dadurch resultierende Inaktivität auch zu Atrophie.
Um dem Patienten ein Stück Lebensqualität zurückzugeben, greifen Ärzte oft zu klassischen Therapieformen wie der Physiotherapie, aber auch zu Medikamenten wie Muskelrelaxantien und Botulinumtoxin. Doch in den letzten Jahren hat auch eine alternative Behandlungsform an Bedeutung gewonnen.
Die elektrische Stimulation, beziehungsweise Neuromodulation, muss dabei keine reine Alternative sein, sondern kann auch als Ergänzung zu den klassischen Verfahren eingesetzt werden.
Hinweis: Bei diesem Beitrag handelt es sich nicht um eine fachmedizinische Beratung. Wir können Ihnen keine Heilversprechen vermitteln. Bitte konsultieren Sie bei gesundheitlichen Fragen Ihren Arzt!
Muskeln aktivieren, Schmerzen lindern
Bei der elektrischen Stimulation handelt es sich um eine ganze Reihe an Methoden, die elektrische Reize, also Impulse, verwenden, um die Nerven oder Muskeln zu beeinflussen. Dabei unterscheidet man zwischen internen, implantierten Systemen und solchen, die von außen, auf der Haut, eingesetzt werden.
Letztere, wie der Exopulse Mollii Suit können oft mehrere Muskelgruppen gleichzeitig oder in einem abgestimmten Muster stimulieren. Bei der niederfrequenten Elektrostimulation kommt es nicht zwingend zu sichtbaren muskulären Kontraktionen. Stattdessen wird gezielt die Muskelspannung gesteuert, um überaktive oder spastische Muskeln zu hemmen und die Gegenspieler zu aktivieren.
Auf diesem Weg erreicht der Anzug Entspannung über neuronale Reflexwege. Das Ziel dieser und anderer Methoden ist demnach, sowohl die Spastik zu reduzieren, als auch gezielte Muskeln besser zu aktivieren, Schmerzen zu lindern, die Beweglichkeit und den Bewegungsumfang zu reduzieren und gleichzeitig Atrophie vorzubeugen.
Gut verträglich und flexibel
Die größten Vorteile dieser Therapie liegen in ihrer nicht invasiven und medikamentenfreien Natur, bei der keine Operationen nötig sind. In den meisten Fällen wird die elektrische Stimulation deshalb als Ergänzung angeordnet, denn die entfaltet ihr volles Potenzial in Kombination mit der Physiotherapie und gezieltem Bewegungstraining.
Aus diesem Grund sind vor allem die Systeme, die für die Anwendung zu Hause konzipiert sind, besonders hilfreich, da sie leicht in den Alltag integriert werden können. Wie alle Therapien hat aber auch die elektrische Stimulation ihre Grenzen. Die Behandlung kann den Muskeltonus zwar beeinflussen und die Symptome lindern, heilt dabei aber nicht die Grunderkrankung, insbesondere, wenn es sich um irreversible neurologische Schäden handelt.
Die Anwendung ist zudem begrenzt und kommt bei bestimmten Herz- oder Hauterkrankungen, Schwangerschaft und Epilepsie nicht infrage. Darüber hinaus kann die Behandlung hohe Kosten für Patienten generieren, da die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenkasse bisher nicht gesichert ist. Auch lesenswert: Verspannte Nackenmuskeln und Kopfschmerzen? Warum oft die Augen schuld sind – und was helfen kann!
Ein breites Spektrum an Anwendungen
Und trotzdem wird die elektrische Stimulation inzwischen bei vielen neurologischen Krankheitsbildern eingesetzt. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit Multipler Sklerose, nach einem Schlaganfall oder bei spastischen Lähmungen nach einer Zerebralparese hat sich gezeigt, dass das gezielte Reizen der Nervenbahnen positive Effekte haben kann. Ähnliches gilt bei der Rehabilitation nach Verletzungen des Rückenmarks.
Individuelle Anpassung entscheidet über Erfolg
Wie erfolgreich die Behandlung verläuft, hängt in hohem Maß von der individuellen Anpassung ab, die im Gespräch zwischen dem Arzt und dem Patienten entschieden wird.
Elektrostimulation ist kein starres Schema, sondern muss auf die jeweiligen Beschwerden, die Muskelgruppen und die Alltagsanforderungen der Betroffenen zugeschnitten werden. Deshalb ist die enge Zusammenarbeit mit den Ärzten, aber auch den Therapeuten entscheidend, denn es soll zum einen darum gehen, kurzfristig Schmerzen zu lindern, zum anderen aber auch um eine langfristige Stabilisierung der Bewegungsmuster, das Kräftigen der Muskeln und die Verbesserung der Lebensqualität.
Perspektiven für die Zukunft
Da sich die Medizintechnik ständig weiterentwickelt, können wir damit rechnen, dass die Verfahren der elektrischen Stimulation in den nächsten Jahren noch gezielter, komfortabler und personalisierter werden.
So können schon heute tragbare Systeme, die im Alltag genutzt werden können, den Übergang zwischen der Klinik und dem eigenen Zuhause erleichtern und die elektrische Stimulation entwickelt sich von einer unterstützenden Maßnahme hin zu einem festen Bestandteil moderner neurologischer Rehabilitation.